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Freundeskreis Schloss Wiepersdorf – Bettina und Achim von Arnim e.V.

Association of Friends of Schloss Wiepersdorf

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Ludwig Achim von Arnim (1781-1831) und Bettina von Arnim (1785-1859), die sich meist Bettine nannte, zählen zu den prägenden Persönlichkeiten der deutschen Romantik. Beide nahmen regen Anteil am öffentlichen Leben. Am 11. März 1811 heirateten Achim  von Arnim und Bettine Brentano in Berlin, 1814 zog das Paar auf das Arnim als Erbe zugefallene Gut Wiepersdorf. Zum Besitz gehörte auch das mittelalterliche Schloss Bärwalde (nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört).

 

Catharina Elisabetha (daher „Bettina“) Ludovica  Brentano wurde in Frankfurt am Main als Tochter des aus Tremezzo/Italien (Comer See) eingewanderten Großkaufmanns Pietro Antonio und seiner Frau Maximiliane geboren, einer Tochter der Sophie von La Roche. Nach dem Tod ihrer Mutter 1793 wuchs sie zunächst im Pensionat der Ursulinen in Fritzlar auf und zog 1797, nachdem ihr Vater gestorben war, zu ihrer Großmutter LaRoche nach Offenbach.

 

Mit der Schriftstellerei begann Bettine erst nach Arnims Tod. Sie verehrte Goethe, jedoch war das Verhältnis asymmetrisch. Ihr Briefbuch „Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“ (1835) wurde ein durchschlagender Erfolg, es folgte das ihrer Jugendfreundin gewidmete Werk "Die Günderode". Karoline von Günderrode nahm sich 1806 das Leben.

 

Bettine war eine begabte Zeichnerin, hatte Gesangsunterricht genommen und komponierte gelegentlich. Sie unterstützte den Maler Carl Blechen. Ihre besondere Wertschätzung galt Ludwig van Beethoven. Robert Schumann widmete ihr seinen letzten Klavierzyklus "Gesänge der Frühe".

 

Leidenschaftlich setzte sich Bettine von Arnim für unterdrückte Minderheiten und für das Recht auf freie Meinungsäußerung ein, darunter für die Brüder Grimm. Beharrlich kämpfte sie für die freiheitlichen Aspirationen der Polen im preußisch besetzten "Großherzogtum Posen" sowie für die Tiroler im Kampf gegen Napoleon. Sie korrespondierte mit König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, widmete ihm ihr „Königsbuch“, stellte politisch unbequeme Fragen, trotzte der Zensur und klagte soziale Reformen ein. Bettine war eine überaus fürsorgende Mutter und kümmerte sich persönlich um die Erziehung der sieben Kinder aus ihrer Ehe mit Achim, wobei überlieferte Konventionen eine eher untergeordnete Rolle spielten.    

 

Weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt, befürwortete Bettine die revolutionäre Bewegung von 1848. Die "Romantikerin des Vormärz" erreichte gemeinsam mit Alexander von Humboldt beim König die Begnadigung des in Berlin-Moabit inhaftierten Kämpfers für die polnische Unabhängigkeit Ludwik (Louis) Mierosławski. Mindestens eine Begegnung mit Karl Marx fand nach Einschätzung ihrer Biographen statt, jedoch ist zum Inhalt der Gespräche nichts überliefert. Auch Bakunin traf sie. 

 

Bettine mahnte an, das Los der Armen zu verbessern, deren Lebensbedingungen sie genau notierte. Vielfach leistete sie tätige Hilfe, auch für verarmte jüdische Kinder und während der Berliner Cholera-Epidemie. Ihr zu Ehren nannte 1847 eine deutsche Auswanderergruppe des Vormärz bei Austin in Texas/USA eine städtische Siedlung „Bettina“, die jedoch kurzlebig war. In ihrem Streben nach Gerechtigkeit, Toleranz und Schutz von Minderheiten griff Bettine von Arnim Themen auf und formulierte Forderungen, die heute noch aktuelle Bedeutung haben. Sie wollte "die Welt umwälzen". Sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands wurde ihr als einer der großen deutschen Frauengestalten des neunzehnten Jahrhunderts ein lebendiges Andenken bewahrt. 

 

Bettina von Arnim geb. Brentano, Pastellbild gemalt von ihrem Enkel, dem Maler Achim von Arnim-Bärwalde ca. 1880, wurde als Leihgabe des Freundeskreises an das Bundespräsidialamt im Januar 2022 im Amtszimmer des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue gehängt. 

 

Pastellbild der Bettina von Arnim

Ludwig Achim von Arnim, 1913 angefertigte Kopie von Ludwig von Streitenfeld im Depot des Freundeskreises von dem in London entstandenen Porträts von E.P. Ströhling, Romantik-Museum Frankfurt/Main

 

 

Achim von Arnim Repro 05.07

 

Ludwig Achim von Arnim wurde am 26. Januar 1781 in Berlin geboren und erhielt am Joachimsthalschen Gymnasium eine Erziehung im Geist der Aufklärung. In Zernikow, dem Gut seiner Großmutter Caroline von Labes, verbrachte er gerne seine Ferien und verfasste dort sein Erstlingswerk "Hollins Liebeleben". In Halle und Göttingen studierte er Rechts- sowie Naturwisssenschaften und veröffentlichte mehrere Schriften u.a. über die Theorie des Magnetismus. Nachdem er sich der Dichtung zugewandt hatte, begründeten Achim von Arnim und Clemens Brentano, ein Bruder Bettines, mit der Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (1805/1808) - von rund 60 Beiträgern unterstützt - die Heidelberger Romantik. Während seiner Heidelberger Zeit gab Arnim 1808 die literarische "Zeitung für Einsiedler" heraus. 1809 siedelte er nach Berlin über, wo er sich bis zur Eheschließung mit Bettine im März 1811 eine Wohnung mit Clemens Brentano teilte.


Die von Achim von Arnim mit Adam Müller am 18. Januar 1811, dem Krönungstag der preußischen Monarchie, in Berlin begründete Deutsche Tischgesellschaft rekrutierte sich aus der politischen und geistigen Elite Preußens. Ihre Mitglieder, patriotisch gesonnen und auf gemeinsame Essen, Geselligkeit und Scherze ausgerichet, mussten "im christlichen Glauben geboren" sein. Damit war Juden, darüber hinaus weiblichen Gästen und Franzosen, der Zutritt verwehrt. Zum heterogenen Kreis der Tischgesellschaft gehörten zahlreiche Professoren der Berliner Universität. Die erste spöttische Rede hielt Clemens Brentano über die "Philister", für die er starken Applaus erhielt.  

 

In einer satirischen Rede artikulierte Arnim daraufhin in überzogen-drastischer Weise, offenbar angestachelt durch Brentanos Redekunst, zeittypische Vorurteile des Antijudaismus. Er trat für die Aufnahme getaufter Juden in die Tischgesellschaft ein, hegte also keine rassischen Vorbehalte gegen die Juden. Sein Vorschlag wurde jedoch abgelehnt. Am Ende mahnte er Verständnis für das Schicksal des jüdischen Volkes an. Seine Rede fand einen zwiespältigen Nachhall. Moritz Itzig, der Sohn eines bekannten jüdischen Verlegers, griff ihn später tätlich an. 1815 erinnerte Arnim vor der Tischgesellschaft daran, dass das Scherzen über Philister und Juden seinen "Kreislauf vollendet" habe. Auch Fichte hatte selbstkritisch ein Ende des Spotts angemahnt. Eine der ersten Amtshandlungen Arnims als Gutsherr in Wiepersdorf war die Genehmigung zur Anlage eines jüdischen Friedhofs in Meinsdorf.

 

Arnim sah sich nicht gerne als Romantiker eingeordnet. In einem Gedicht über das Gold kriisiert er die Herrschaft der Börse. Der Kurszettel regiere die Welt, lasse Potentaten erzittern und er breche das "Herz der Staaten". Seine politischen Reformvorstellungen kreisten um einen reformierten Ständestaat  mit der Monarchie als Staatsform und mit geschriebener Verfassung.

 

Bettine zog es von Wiepersdorf oft nach Berlin zurück, wo sie seit 1817 vorwiegend lebte, an der jüdischen Salonkultur partizipierte und später einen auch von Außenseitern frequentierten eigenen Salon unterhielt. Zum engsten Kreis des Paares gehörten die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm sowie der Rechtsgelehrte und Minister für Justizreform im Range eines Großkanzlers Friedrich Carl von Savigny, der mit Bettines Schwester Gundula verheiratet war. Auch Karl Friedrich Schinkel zählte zu den engeren Freunden.

 

Wiepersdorf, Ausschnitt

Das Gutshaus Wiepersdorf, um 1811, Ausschnitt aus einer Zeichnung im Album der Töchter Achim von Arnims (Depot Freundeskreis)    

 

Zahlreiche Werke Arnims wie „Die Kronenwächter“ entstanden in Wiepersdorf. Ausgeprägt eigenständige Frauengestalten wurden von ihm geschaffen, die ihn von anderen Autoren der Romantik unterscheiden. Arnim war europäisch gebildet, ein preußischer Patriot und Anhänger der Reformen des Freiherrn vom Stein. Er trat für die Verabschiedung einer Verfassung in Preußen ein und hielt den Geburtsadel für nicht mehr zeitgemäß. Heinrich Heine nannte Achim von Arnim einen großen Dichter und einen "der originellsten Köpfe der romantischen Schule“. André Breton sah in seiner "blendenden Phantasie" mit den klar gezeichneten Figuren eine "bravoure", die unvergleichlich unter den romantischen Köpfen war. Nach Karl Heinz Bohrer betrachtete Breton die Dichtung Arnims als den „Ursprungsmythos der poetischen Moderne“ (Die Kritik der Romantik, 5. Aufl. 2015).